Thorn (heute Toruń)
Wer sich im Anschluss an die Lektüre mit dem historischen Thorn auseinandergesetzt hat, wird sogleich den im Roman beschriebenen Ort wiedererkannt haben.
Das Ganze kommt natürlich nicht von ungefähr, sondern ist der akribischen Recherche von Andreas Izquierdo geschuldet.
Er selbst sagt dazu: „Ich hatte daher einen historischen Stadtplan von Thorn […] mit allen Gebäuden, Straßen und Kasernen, eine Übersicht der ansässigen Gewerbe und viel Fotomaterial, teilweise auch Postkarten aus der Zeit. Das hat mich gut einfinden lassen in die Stadt, die heute Toruń heißt.“
Kopernikus
Die mittelalterliche Stadt Torún, die aufgrund ihrer städtebaulichen und baukünstlerischen Werte 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde, ist der Geburtsort von Nikolaus Kopernikus. Tatsächlich ist es so, dass die Frage, ob Kopernikus Pole oder Deutsche war (und ob er Kopernikus oder Kopernik hieß), die Stadt so sehr entzweit hat, wie es im Buch auf Seite 33 beschrieben wird:
„Es schien, als hätten sie nur auf einen Vorfall wie diesen gewartet, der ihnen unter vielen anderen Dingen als Beweis dafür diente, dass der berühmteste Sohn der Stadt, Nikolaus Kopernikus, natürlich Pole und kein Deutscher gewesen sein musste. Genau wie die Deutschen darauf bestanden, dass er selbstredend Deutscher und kein Pole war. Ein Streit, der jedes Jahr dazu führte, dass beide Volksgruppen unabhängig voneinander im Februar seinen Geburtstag feierten und ihn in Festreden als Musterbeispiel für den Fleiß, die Intelligenz und den Forschergeist der jeweils eigenen Nation hochleben ließen.“
Dieser Streit erlebte in den vergangenen Jahrhunderten verschiedene Hochphasen und dauert – in abgeschwächter Form – bis in die Gegenwart an. Als der damalige Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, 2008 das europäische Erdüberwachungsprogramm „Kopernikus“ taufen wollte, entbrannte der Streit aufs Neue, da die deutsche Schreibweise die Annahme implizierte, dass Kopernikus ein Deutscher gewesen sei (hier nachzulesen). Auch ist der genaue Geburtsort nicht zweifelsfrei verifiziert, was unter anderem in diesem SPIEGEL-Artikel thematisiert wird. Darin geht es auch um ein weiteres Motiv aus dem Roman: dem schiefen Turm.
Der schiefe Turm
Hierbei handelt es sich um eine fünfzehn Meter hohe Bastei als Teil der mittelalterlichen Stadtmauer. In seiner Kindheit hat Carl von seinem Vater erzählt bekommen, dass mit dem schiefen Turm eine Prüfung einhergehen würde: „[…] seitdem konnte man an diesem Ort testen, ob man selbst noch auf dem rechten Weg war. Dazu stellte man sich mit dem Rücken an den Turm, sodass der Körper von der Ferse bis zum Hinterkopf das Mauerwerk berührte. Streckte man dann die Arme vor und verlor dabei das Gleichgewicht, war man als Sünder entlarvt.“ (Seite 43).
Tatsächlich ist es so, dass der im 13. Jahrhundert errichtete Turm aufgrund eines Grundbruchs in Schieflage geraten ist und inzwischen um 1,46 Meter vom Lot geneigt ist. Stadteinwärts, wohlgemerkt.
Auch die im Buch beschriebene Sünderprüfung existiert tatsächlich, wie unter anderem hier – mit Verweis auf das Thorner Legendenhaus – nachzulesen ist